Meine Erlebnisse mit Menschen

 

 

Der erste richtige Kuss  

 

Durch Zufall bin ich heute auf eine Seite im Internet gestoßen  mit Filmvorschauen im Fernsehen. Da stand dann unter dem Datum 21.11.2010 im schwarzen Rössl. Da klickte etwas in mir und sagte, da war doch was? 

Zunächst machte ich mit meiner Arbeit weiter, aber dieser Klick im Gehirn lies mich nicht zur Ruhe kommen. Also suchte ich in der Filmdatenbank nach dem Film und der damit verbundenen Story. Schon als das erste Bild auf dem Monitor erschien ging mir, wie sagt der Volksmund,  ein ganzer Kronleuchter auf.
Da prangerte die Überschrift schwarze Rose Rosemarie, Walzer gesungen von Peter Kraus!
Das war 1961. In diesem Jahr bin ich 13 geworden und war ein Kinofan. Wir hatten damals in Walsum  ein sehr schönes großes Kino mit erschwinglichen Preisen. Parkett  0,50DM. Balkon 0,75 DM und Logen gab´s auch,  die kosteten allerdings 1,00 DM. In dieser Zeit bekam man 3 Brötchen für einen Groschen oder 2 Milchbrötchen. 
Taschengeld gab es nur bei guter Führung vom Vater, in der Woche max. DM 2,00, aber nur bei besonders guter Führung, sonst war man mit 50 – 75 Pfennige dabei.

Nun,  das musste ich nicht mehr lange erdulden, weil ich mit 13 Lenzen in die Lehre kam und dadurch autom. höheres Taschengeld bekommen sollte.

Nun, ich war zu dieser Zeit mit meiner Nachbarin Gabi sehr gut befreundet, aber außer Küsschen auf die Wange oder mal mit festgeschlossenen Lippen auf den Mund war da nix.  

Wieder einmal Sonntag und es wurde nachmittags der Film in schwarzen Rössl vorgeführt.  Da ich in dieser Woche besonders lieb war, bekam ich DM 2,00 von meinem Vater.
Na, da wurde ich leichtsinnig und lud meine Freundin Gabi ein mit mir ins Kino zu gehen. Sie sagte sofort zu und wir machten uns auf den Weg zum Schloßtheater, so hieß unser Kino. Während wir unterhaltend daher gingen nahm sie plötzlich meine Hand. Upps dachte ich, und mein Herz schlug etwas schneller. Wir hatten öfters schon mal Händchen gehalten, ohne dass ich irgendwelche besonderen Gefühlserlebnisse gehabt hätte. Aber an diesem Tag war alles irgendwie anders. Mich beschlich das Gefühl, dass wir wie so zwei Turteltauben über die Straße  marschierten. Wie dem auch sei, kamen wir am Kino an und staunten nicht schlecht wieviele dort schon anwesend waren, also stellten wir uns brav in der Reihe auf. Ich bemerkte, dass sie meine Hand  noch fester hielt als gerade auf der Straße, ja sie klammerte regelrecht. Nun ich dachte mir nichts dabei, hatte aber ein recht gutes Gefühl in der Brust. Also irgendwann saßen wir eng nebeneinander und ich legte meinen Arm um ihre Schultern. Während des Hauptfilmes neigten sich unsere Köpfe mal so, dass wir Wange an Wange saßen. Ich sage euch, mir wurde von Minute zu Minute wärmer.  Ja und dann kam was kommen musste. Peter Kraus sang seinen ersten Walzer (als Rock´n Roller Walzer …der arme Peter). Er stand im Boot und trällerte Schwarze Rose Rosemarie und schmachtete dabei, ich glaube es war Karin Dorr, sein gegenüber an. Aber das habe ich schon gar nicht mehr richtig wahrgenommen, denn jetzt begann Gabi mich nach allen Regeln der Kunst zu Küssen und zwar so wie sich das gehört, der erste Zungenkuss, oh ha da ging aber gefühlsmäßig die Post ab. Aber das kennt jeder von euch, das brauche ich hier nicht näher zu beschreiben.

Nach dem Kinobesuch gingen wir dann nach Hause ohne an jeder Ecke zu knutschen. Mittlerweile wurde es auch dunkel. Zu Hause angekommen knutschten wir unter dem Vorbau an der Haustür von Gabi weiter. Ich glaube wenn nicht zufällig die Eltern vom Kegeln gekommen wären….wer weiß wie lange wir zwei da noch gestanden hätten.  Es war ja mittlerweile recht dunkel, so dass man unsere zerdrückten Gesichter nicht sehen konnte, ich sagte also brav guten Abend, habe Gabi wieder nach Hause gebracht und kratzte so schnell es ging die Kurve. Zu eurem Verständnis…Oswald Kolle gab’s da noch nicht. Nun, ihr könnt euch sicherlich vorstellen wie aufgewühlt ich war, das ganze hatte mich doch überrascht, hatte ich doch nicht mit so einer schnellen Entwicklung gerechnet. 

Aber letztlich ging ich in ´s Bett und war glaube ich in dem Moment der glücklichste Junge der Welt.

Ein paar Tage später bekam ich es dann mit dem Vater von Gabi zu tun, nein nein gar nichts Schlimmes, aber die Situation war schon etwas mulmig am Anfang eines Besuches. Erstens habe ich nicht damit gerechnet, dass ihr Vater zu Hause ist, zweitens hatte ich nur die Knutscherei im Kopf, das lies meine gute Laune auf den 0 Punkt sinken.

Aber mutig wie ich war ging ich zur Veranda, dazu musste ich ungefähr 75 m überbrücken und ich hatte irgendwie das Gefühl, dass ich langsamer wurde je näher ich der Veranda kam. Irgendwann stand ich dann Gabis Vater gegenüber und sagte höflich guten Tag, wie sich das gehörte. Er schaute mich wissend schmunzelnd an, ich glaubte in dem Moment der kann Gedanken lesen, dann fragte er mich: „Na Junge, wie geht´s dir  und deinen Eltern? (ha ha dachte ich?? ..ist mit meinem Vater auf der gleichen Schicht und die beiden Mütter sind dicke Freundinnen) Nun man war ja höflich erzogen,  also gab ich die entsprechende Antwort. Dann fragte er, ob wir beide, Gabi und ich, uns etwas näher gekommen wären?  Ach du dickes Ei dachte ich, was kommt denn jetzt und ich merkte wie mir die Röte ins Gesicht  sprang.  Dann fragte er mich ob ich Gerd Bötcher kannte? Genauso eine dumme Frage, hatten uns unsere Eltern doch zu dem Konzert in die Lindenbude mitgenommen. Hätte mich nicht mein schlechtes Gewissen geplagt, wären mir bestimmt seine Lachfalten aufgefallen, aber ich vermutete immer noch eine Falle.

„Ja  klar kenne ich den“: antwortete ich. „Dann kennst du ja auch bestimmt das Lied, für Gabi tue ich alles“? Na und ich Trottel dann: „na klar ist doch jetzt mein Lieblingslied, ist doch klar“, mit  verliebten Seitenblick auf Gabi.

„Ja ja meinte er, das dachte ich mir schon“, grinste mich an und dann sprach er: „Wenn das so ist dann bring mal den Müll für Gabi zu Straße“! 

Leute, ich muss so was von blöd  aus der Wäsche geschaut haben, jedenfalls konnte der Vater meiner heißgeliebten Gabi sich vor Lachen nicht mehr halten. Nach der ersten Schrecksekunde musste ich aber auch lachen und ich brachte selbstverständlich, aber mit Gabi zusammen,  den  Müll  zur Straße. Außer Sichtweite des Herrn Vater wurde natürlich erst mal geknutscht und dann amüsierten wir uns darüber wie der „alte Sack“ uns reingelegt hatte. Denn Gabi konnte das Geplänkel auch nicht einordnen und vermutete auch eine schlimme Predigt. Nun diese blieb Gott sei Dank aus. 

Für mich war der Spaß aber noch nicht zu Ende, denn die Eltern hatten sich schon über meinen Besuch bei den Nachbarn unterhalten und Gabis Vater konnte nicht genug davon bekommen, mein blödes Gesicht zu beschreiben. Das allgemeine Gelächter wollte an diesem Abend einfach nicht mehr verstummen, denn es war üblich, dass die Väter vorm Haus saßen bei ´ner Flasche Bier und nem  Korn. Ihr könnt euch sicherlich vorstellen wie die Väter sich köstlich amüsierten und wie das bei solchen Angelegenheiten ist, fielen dem Einen und dem Anderen doch ähnliche Begegnungen mit Eltern ein und so erzählte einer nach dem Anderen einen Schwank aus seiner Jugend.
So trug mein „blödes Gesicht“ dazu bei, dass die Väter mal wieder einen Grund hatten ein paar Flaschen Bier zu leeren..

Ich für meine Person werde wohl immer, wenn ich die schwarze Rose Rosemarie höre, an meinen ersten Zungenkuss denken müssen.

Also werde ich mir am 21.11.2010 den Film  im schwarzen Rössl anschauen und vielleicht an die ersten glücklich verliebte Stunden in meinem Leben denken.