Reisen und Geschichten über meine Reisen

 

 

Station 3: Lelystad

Lelystad ist weithin durch die Bataviawerft und das Poldermuseum bekannt. hier gibt es soviel Informationen, dass es schwer fällt den richtigen Anfang für einen Reisebericht zu finden. Da ich schon bei dem Besuch des Museums wusste, das ich einen Reisebericht schreiben wollte, beprach ich mit meiner Frau dieses kleine Problem. Ich sagte ihr, das die Fülle der erhaltenen Informationen schwer zu ordnen sei. Sie gab mir den Rat ersteinmal die beiden Anlagen "Bataviawerft" und "Poldermuseum" in einer Einleitung vorzustellen. Diese Idee wollte ich beim späteren Schreiben sofort übernehmen.

 

Die Batavia Werft:

In dieser Werft werden historische Schiffe nachgebaut.

Unter der Leitung des Schiffsbaumeisters Willem Vos wurde durch eine wechselnde Gruppe junger Leute am Bau des Schiffes "Batavia" gearbeitet. Ausgangspunkt war eine möglichst authentische Rekonstruktion unter Anwendung urprünglicher Materialien und nach einem handwerklichen Bauprozess.

Das ursprüngliche Schiff Batavia wurde 1628 im Auftrag der Vereinigten Ostindischen Kompanie in Amsterdam gebaut. Im Juni 1629 vesank das Schiff mit 341 Menschen an Bord und mit Java als Ziel auf seiner ersten Reise vor der Küste Australiens. Mit dem Wiederaufbau wurde 1985 begonnen. Der Stapellauf war am 7. April 1995. Getauft wurde das Schiff durch Königin Beatrix. Besucher sollten sich den Videovortag nicht entgehen lassen, den man sich im Besucherzentrum anschauen kann. Hier wird gezeigt, wie die Batavia von Amsterdam nach Lelystad auf dem Wasserwege zurück zu ihrem Liegeplatz fährt. Weiterhin kann sich der Besucher in einem Informationszentrum eingehend über alle Angebote des Museums informieren. Anschluss an eine Führung ist auch möglich. Auf das Schiff gelangt man über einen bequemen Aufgang. Dann allerdings gestaltet sich die Begehung des Schiffes schon etwas schwieriger. Sehr steille Treppen (Niedergänge), enge Durchgänge, und für sehr große Menschen ist der Besuch in den unteren Decks, ihrer geringen Höhe wegen nur mit Vorsicht zu genießen, da Diese sonst überall den Kopf anstoßen würden. Blicke auf Tauwerke und Gerätschaften vermitteln deutlich die Schwere der Arbeit für die Besatzung. Ich möchte dem Leser an Hand einiger Detailbilder zeigen, das die jungen Menschen, mit viel handwerklichem Geschick an dem Schiff gearbeitet haben und noch einmal darauf hinweisen: "Mit damals üblichen Werkzeugen!" Diese können im Geräteschuppen besichtigt werden.

Blick auf den Bugspriet, Blinderah, Sprietmars, Sprietmast und Flaggenstock sowie Jungfrauen, Blöcke und Takelage. Teil vom Bugspriet, Blinderah sowie auf die Mastbeting Betinge, Geduld, Belegnägel. Die Bezeichnungen der Teile sind gebräuch auf Schiffen bis anno 1810. Die Befestigung des Bugspriets ist sehenswertlich, da der Baum von einem Spannstock gehalten wird.

Um eine Vorstellung von den Stärken der Tampen (Seile) zu bekommen hat ein netter Zeitgenosse seine Hände zur Verfügung gestellt: somit wird die Stärke der Tampen deutlich.

Noch mal zur Erinnerung: „Auch das Repern wird von Hand in der Werft erledigt.“

Zwei absolut wichtige Dinge müssen an diese Stelle erwähnt werden. Auch auf Segelschiffen gab es warme Mahlzeiten. Dazu wurde im ersten Deck eine Feuerstelle eingerichtet. An der Backbordwand wurde eine Ecke abgeteilt und Diese mit Ziegelsteinen ausgemauert. Über den ausgemauerten Boden montierte man einen einfachen Drehspieß sowie mehrere Eisenstangen zur Aufnahme des Kochgeschirrs.

Ein weiterer wichtiger Aspekt war die Hygiene an Bord. Dafür wurden jeweils an der Backbord wie an der Steuerbordseite auf dem Deck an der Reling Toilettensitze eingebaut. Diese folgen einem einfachen Prinzip. Ein offenes Rohr führt nach aussenbords und es wurde einfach ins Meer entsorgt. Die Reinigung erfolgte durch Meerwasser und einem Tampen, der unterhalb eines Knoten aufgespleist war und wie ein großer Reinigungspinsel funktionierte.

Technische Daten der Batavia:

1. Gesamtlänge...............................................56,60 m
2. Weite..........................................................10,50 m
3. Maximaler Tiefgang......................................5,10 m
4. Höhe der größten ab Kielboden..................55,00 m
5. Leergewicht................................................650,00 t
6. Gesamte Länge Tauwerk..........................21,00 Km
7. Segeloberfläche...................................1.181.00 qm

In der Zwischenzeit wird an einem traditionellen Schiff, dem Admiralsschiff "ZEVEN PROVINCIEN" weitergebaut. Kiellegung war am 17. Mai 1995.

Die untenstehende Aufnahme datiert vom August 1996.

Jetzt im Jahre 2003 ist der Rumpf bereits beplankt.

Wer mehr über die Bataviawerft erfahren, oder sich über den Ausbau der ZEVEN PROVINCIEN informieren möchte, kann das über folgende Internetadresse erfragen.

 

http://www.bataviawerf.nl

 

 

Das Niew-Land Poldermuseum:

Das Niew-Land-Poldermuseum liegt inmitten des Ijsselmeergebietes. Bis 1932 war hier noch die ZuiderZee: das Reich der Fischer und Börtfahrer (Leute, die von berufswegen kleine geschäftliche Aufträge ausführten, Landesprodukte mitnahmen und sich um deren Verwertung in den Städten und Flecken bemühten). Im Jahr 1891 trat der Ing. Cornelius Lely mit dem Plan an die Öffentlichkeit, dieses Binnenmeer durch einen Damm abzuschließen und dann zum Teil Polder anzulegen. 1927 begann die erste Phase dieses gigantischen Vorhabens mit dem Bau des Abschlussdeiches. 1968 war der bisher letzte Polder trockengelegt. Insgesamt wurden 165.000 Hektar Neuland geschaffen.

Im Museum wird in beispielhafter Weise aufgezeigt, wie sehr die Niederländer im Laufe der Jahrhunderte durch das Leben und den Kampf mit dem Wasser geprägt wurden.

 

Zuiderzee:

Die Zuidersee entstand im Laufe des frühen Mittelalter aus einem eereskomplex das die Römer Flevo Meer nannten. Die zuiderzee hatte immer einen geteilten Ruf, eineseits brachte sie segen, andererseits war sie ein Fluch für das umliegende Land. Die Zuiderzee war ein Knotenpunkt der damaligen Handelsrouten und besaß einen riesigen Fischreichtum.

Immer wieder wurden die Menschen in diesem Land von riesigen Überschwemmungen heimgesucht. Tausende verloren ihr Leben in den Wogen, aber auch gleich Viele verdanken der Zuiderzee ihren Wohlstand.

Im Laufe des 19. Jahrhunderts verlor die Zuiderzee ihre wichtige Funktion innerhalb dr internationalen Handelsrouten. Durch die immer wiederkehrenden Sturmfluten und andauernde Zerstörung des Landes blieb nur die Fischerei. Doch die Erlöse waren nicht aussreichend um eine gesunde Economie entstehen zu lasssen. Deshalb suchten die Menschen imme nach Lösungen und brachten hierdurch manchmal revolutionierende Ideen hervor, um die "gefährliche und unberechenbare Zuiderzee" zu zähmen. Schließlich kam der Plan des Ing. Lely, wie Eingangs erwähnt, zum Tragen.

Der Abschlussdeich:

Der Abschlußdeich war ein wesentlicher Bestandteil in den Plänen von Lely. Eine Vielzahl von Planern hielt es für unmöglich einen Deich mitten durch die Zuiderzee anzulegen. Doch der Vorteil war deutlich zu erkennen.

Durch den Abschluss der Zuiderzee ist die verwundbare Küste der Niederlande um ein ansehnliches Stück verkürzt worden, d.h. sicherer geworden.
Die Arbeiten begannen 1927 und wurden 1932 fertiggestellt. An der Wasserlinie ist der Deich 90m breit, zwischen 7,50 m bis 7,80 m hoch über NAP (Normaler Amsterdammer Pegel).
All das vorab geschriebene wird im Museum durch Schriften, Filmdokumente, Zeitungsausschnitte und Modelle belegt. Interviews mit Erstbewohnern runden die Informationen ab.
 
Ein Besuch lohnt sich deshalb!
 
An den einzelnen Stationen sind Nummern angebracht, die sich im Begleitflyer wiederfinden und entsprechende Hinweise liefern.
Auszug aus dem Bereich....und dann kam das Wasser !
 

Ueberschwemmungen:

Hochwasserkatastrophe (1776)

Das Heulen des Windes, das Wimmern und Jammern der Frauen und Kinder ist unbeschreiblich, der Eine flüchtet dahin, der Andere dorthin... doch nirgends im ganzen Dorf war ein sicherer Ort...

(1916)

Je weiter wir kamen, desto trostloser wurde es, desto heftiger trieb das Wasser voran und es dauerte nicht mehr lange bis alles, soweit das Auge reichte, ein einziges Meer war, aus dem sich Häuser und Scheunen traurig abhoben...

Ein erschütternder Anblick, wenn ein Schaf in den letzten Zügen liegt, eine Kuh mit dem Tode ringt.

(1953)

Über die Überschwemmungen im Jahre 1953 besitzt das Museum viele Informationen und kann deshalb nachvollziehen, wie sich die Katastophe abgespielt hat. Es gibt Berichte und Fotos, Zeitungsausschnitte, Tondokumentationen und auch Filme, auf denen die Naturgewalt in vollem Umfang zu sehen ist. Augenzeugen berichten über das was sie erlebt und mitgemacht haben.

Erzählung:

Wir fragten untereinander:"Geht die Welt unter?" Wir saßen irgendwann sicher auf dem Dach, verglichen mit Anderen die in einem Baum hingen und deren Haus kurz vor dem Einsturz war.

Also hielt sie meine Großmutter und meinen Großvater fest; sie war da oben auf dem Dach, bis sie loslassen musste; so sind sie ertrunken.

 

Warnsystem: die Hochwasserkanone:

An verschiedenen Plätzen entlang der Zuiderzeeküste standen früher Kanonen. Es waren Hochwasserkanonen.

Bei Überflutungsgefahr: einmal abgefeuert bedeutete, das Wasser ist 2,30 m über NAP. Sie wurden 2x abgefeuert, wenn ein Pegel von 2,80 m über NAP erreicht war. Die Bewohner, wollten sie trockene Füsse behalten, mussten nach Zolder gehen.

Bei drei Schüssen war die Sitation so kritisch, dass die Menschen ihre sieben Sachen packten und flüchten mussten.

1916 kam es zum letzten mal zu einer Überschwemmung. Danach beschloss die Regierung der Niederlande die Zuiderzee abzudammen und zu poldern. Es war der Beginn der größten Polderung aller Zeiten.

 

An dieser Stelle möchte ich meinen Bericht über das Nieuw-Land-Poldermuseum abschließen. Die Fülle der hier erhaltenen Informationen beschäftigte uns während der gesamten Rückfahrt. Als wir über die Flutkatastrophen sprachen, hätte ein stiller Zuhörer meinen können, wir hätten erst kürzlich eine erlebt, sosehr hatten die Eindrücke der Vorträge ihre Spuren hinterlassen.

Es sei noch angemerkt, dass wir gut nach Hause gekommen sind.